Anne-Christin Stroje erhielt den diesjährigen Förderpreis der Kulturstiftung Öffentliche Oldenburg für die Sparte Fotografie

Die feierliche Preisverleihung am 27. Mai war zugleich auch die Eröffnung ihrer Ausstellung im Oldenburger Stadtmuseum. In ihren Bildserien befasst sich Anne-Christin Stroje mit der Sehnsucht nach dem Paradies. Aber wo genau ist das eigentlich? Manche Menschen haben das Paradies im sonnigen Süden von Spanien gefunden. Dort fotografierte die junge Künstlerin den Küstenort Orihuela Costa, ein Rentnerdomizil aus Ferienhäusern, Swimmingpools und dekorierten Gartenanlagen. Seine Be­woh­ner kommen aus Deutschland, Großbritannien oder Skandinavien. Sie lassen ihre „Heimat“ nicht zu­hause, am Ort ihrer Her­kunft, son­dern machen den Ferienort zu ihrer zwei­ten Hei­mat. So wie die Menschen aus dem kalten Norden die Landschaft im Süden prägen, so wirkt das Klischee des Südens hierzulande. Die Sehnsucht nach Sonne, Meer und Palmen versprechen die Wellnessbäder zu erfüllen, deren Gestaltung tropische Südseestrände nachzuahmen versucht. Anne-Christin Stroje fotografierte sie noch vor der Öffnungszeit. Unter den gemalten blauen Himmeln stehen die Liegestühle bereit. Menschenleer verdeutlichen die Bilder die Künstlichkeit dieser inszenierten Oasen.

Wieder andere finden ihr Paradies in der Ehe. In China führte die Ein-Kind Politik zu einem Männerüberschuss, der die Frauen zugleich zur begehrten Mangelware erklärt. So entstand dort eine öffentliche Partnersuche, die Anne-Christin Stroje mit der einfühlsamen Bildserie „Shanghai Wedding Market“ dokumentiert. Im People’s Park versammeln sich jedes Wochenende bis zu 2000 Eltern, um ihre unverheirateten Töchter und Söhne anzupreisen. Ihre Mitgift wird auf Tafeln und Schildern aufgelistet: Eigentumswohnung, Auto und geregeltes Einkommen sind ideal. Der Wunsch nach der „guten Partie“ ist groß, denn mit der Heirat ist die ersehnte Alterssicherung der Mütter und Väter verbunden.

Anne-Christin Stroje ist 27 Jah­re jung und stu­dier­te ab 2012 Foto­gra­fie und Me­dien an der Fach­hoch­schule in Bielefeld. 2016 bis 2017 ver­brach­te sie ein Aus­landsse­mes­ter in Italien an der Fa­ku­ltät für De­sign an der Freien Uni­ver­si­tät Bozen. 2018 schloss sie ihr Stu­dium mit dem Bachelor of Arts an der Hoch­schule in Bielefeld ab. Mit ihren pointierten Bildserien hat die gebürtige Wilhelmshavenerin die Jury der Kulturstiftung einstimmig überzeugt. Bei der Preisvergabe waren zahlreiche Gäste anwesend. „Wir sind stolz, dass wir diese Veranstaltung schon zum siebzehnten Mal seit 2003 eröffnen dürfen“, betonte Dr. Ulrich Knemeyer, Vorsitzender der Vorstands der Öffentlichen Oldenburg bei der Begrüßung. Den Preis übergab er zusammen mit Jürgen Müllender, Mitglied des Vorstands der Öffentlichen Oldenburg. Die Laudatio hielt Dr. Friedrich Scheele, Mitarbeiter der Residenzort Rastede GmbH und Jurymitglied der Kulturstiftung.

Der Förderpreis der Kulturstiftung Öffentliche Oldenburg ist mit 8.000 Euro sowie einer öffentlichen Ausstellung mit begleitender Publikation dotiert. Bewerben können sich Künstler und Künstlerinnen im Alter bis 35 Jahre, die im ehemaligen Oldenburger Land geboren sind oder hier ihren Wohnsitz haben. Die Auszeichnung wird vergeben, um noch nicht arrivierte junge Kunstschaffende der Region zu unterstützen und bekannt zu machen. Alternierend in den Kategorien Malerei, Fotografie sowie Installation/Skulptur ist der Preis nicht zuletzt auch Werbung für die „Kunstregion Oldenburger Land“.